'Welches
Datum ist heute?'
'Hmm,
der 29.'
'Welcher
Monat?'
'Oktober.'
'Was?
Schon Oktober? Der 29. Oktober? Nur noch 4 Monate?'
Diesen
Dialog habe ich gestern Abend auf einem Stein sitzend mit einem Kind aus dem
children's home geführt. Erst war ich schockiert, dann aber wurde mir bewusst,
dass es tatsächlich so ist: Ich bin bereits seit knapp 7 Monaten in Indien, nur
noch 4 Monate verbleiben. Die Zeit rast rasanter als jemals zuvor.
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'Life is short' neben einem Einhorn |
Aber
erst einmal zu Mumbai – es war bombastisch! Die 25 Stunden (oder weiß der
Teufel wie viel) im Zug waren schneller vorüber, als wir im lonely planet über
Mumbai nachlesen konnten – das liegt vielleicht auch daran, dass wir uns so
köstlich über die 'chaiteacoffee'- Leute (ist wohl ein Insider- Witz) amüsiert haben. In Mumbai angekommen
fanden wir eine relativ günstige und zentral gelegene Unterkunft (zumindest
zentral für das Gebiet, das wir uns hauptsächlich ansehen wollten, denn eine
wirklich zentrale Unterkunft im Stadtmonster Mumbai wäre zwecklos). Die ersten
zwei Tage liefen wir übermäßig viel und erkundeten die wichtigsten
Sehenswürdigkeiten Mumbais, wie Gateway of India, Taj Mahal Palace Hotel, High
Court, Victoria Terminus und die University of Mumbai. Das sind – kurz
zusammengefasst – alles Gebäude, die Mumbai auf den ersten Eindruck wie eine
europäische Stadt erscheinen lassen. Riesige Steingebilde mit gotischen
Fensterbögen, üppigen Kuppeldächern und unzähligen Verzierungen. An den restlichen
Tagen nahmen wir uns weiter entfernt gelegene Ziele vor, wie Mahalaxmi Dhobi
Ghat, Mahalaxmi Temple oder die Haji Ali Moschee. Das Mahalaxmi Dhobi Ghat ist
ein riesengroßer Waschplatz mit über 1000 Waschstellen, an dem Tag für Tag ich
weiß nicht wie viele Textilien von Privatpersonen aber auch Uniformen von
großen Unternehmen, sowie Sachen aus dem Krankenhaus gewaschen werden.
Unglaublich.
Nebenher
haben wir uns in Mumbai auch westlichen Genüssen wie Kaffee und einer Karaoke-
Bar hingegeben. Einen Tag haben wir auch darauf verwendet uns Dharavi, das
angeblich größte Slum Asiens anzusehen. Alles, was ich dazu hier schreiben
möchte ist, dass es einen auf den Boden der Tatsachen zurückholt,
wahrscheinlich sogar in den Keller der Tatsachen. All die schick gekleideten
Leute, die glänzend polierten Luxusautos und die viel zu teuren Hotels sind
eben doch nur eine Seite Mumbais. Mumbai war auf jeden Fall die Woche wert!
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Gateway of India |
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Taj Mahal Palace Hotel - leider nicht unser Budget |
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Markt in einer Unterführun - hier gibt es alles! |
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Victoria Station |
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Mahalaxmi Dhobi Ghat |
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Haji Ali Moschee - mitten im Meer |
Zurück
aus Mumbai ging es dann gleich weiter nach Yercaud. Das ist ein kleines Örtchen
in den Ostghats in 1500 m Höhe, in dem FSL unsere midterm evaluation veranstaltet hat. Diese
war – wie wir uns schon denken konnten – sehr mit Programm gefüllt, sodass wir
kaum Zeit für uns selbst hatten. Wir haben quasi von früh bis spät gearbeitet
(genug der Ironie). Trotzdem war es schön, mal wieder alle von unserer Gruppe
wieder zu treffen. In Yercaud war es übrigens so kalt, dass wir tagsüber
Strickjacken (teils auch Socken) tragen und nachts in Wolldecken schlafen
mussten.
Dann
ging es zurück in die Realität, nach Manampathy Kandigai. Hier bin ich
übergangsweise im children's home untergebracht. Demnächst fange ich dann
(hoffentlich) an in der St. Joseph's High School zu arbeiten und bekomme
(hoffentlich) eine neue Unterkunft im Dorf, da in Raj's Haus kein Platz mehr
für mich ist.
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'Tata' (Opa) mit den Kindern und einer Herde Ziegen im Hintergrund |
Und
da der heutige Post noch nicht lang genug ist, findet sich hier auch noch ein
kleiner Platz für eine Buchempfehlung. Ja, richtig: eine Buchempfehlung! Wer
sich gern ein reales Bild von den Zuständen im heutigen Indien machen möchte, der sollte sich
das Buch 'The White Tiger' – 'Der weiße Tiger' von Aravind Adiga kaufen. Bin
gerade selbst dabei es zu lesen und kann es zu 100 % weiterempfehlen. Vieles
von dem, was ich darin gelesen habe, kam mir unglaublich vertraut vor. Viel
Spaß!