29. September 2013

Das Leben in Giddalur



In der Schule bin ich richtig gut angekommen. Mathe in der 6. und 4. Klasse ist Standard geworden, da der vorher dafür zuständige Lehrer (falls es jemals einen gab?) wohl immer noch abwesend ist. Hinzu kommt auch noch, dass die 4. Klasse mir mal gesagt hat, dass sie wohl weder Mathelehrer noch Klassenlehrer hätten und die Anwesenheit im Klassenbuch seit über 1 Woche nicht geführt wurde. Nachdem ich das Ravi erzählt habe, hat er mich kurzerhand zum Klassenlehrer der 4. Klasse ernannt. Es gibt eigentlich keine Klasse, in die ich nicht gerne gehe, auch wenn es in der 2. und 3. Klasse schon mal anstrengend werden kann. Manchmal wenn ich ganz friedlich über den ‘Schulhof‘ laufen kommen Schreie aus den 5., 3., und 2. Klassen ‘Come to my class!‘. Oder wenn ich in der Pause einfach rumstehe kommen sie angerannt und wollen mich in ihre Klasse zerren. Es wurde sogar schon versucht, mich mit Süßigkeiten zu bestechen!

Mit den Lehrern verstehe ich mich hervorragend (sogar mit denen, die kaum des Englischen mächtig sind). Ramzan (muslimischer Feiertag) haben wir im Haus der Lehrerin für Hindi verbracht, die quasi die gesamte Lehrerschaft mit Briyani (Reisgericht – vorzugsweise mit Hühnchen), Gongura- Curry (sieht aus wie Spinat) und Bhayasam (süßes Nudeldessert) versorgt hat. War wohl eines meiner besten Essen bisher. Und jedes Mal, wenn ich irgendwelche Worte auf Telugu sage (kutscho – setz dich, pustakam – Buch, ikadikira – come here, akadikivellu – go there, usw.) feiern diese das so sehr, als würde wahre Wunder wirken.
Reisen konnte ich von hier aus bisher noch nicht viel, nur ein Wochenendtrip nach Hampi war drin. Das liegt vordergründig an der schlechten Anbindung von Giddalur und daran, dass alle sehenswerten Ziele viel zu weit entfernt sind. Dafür war ich hier viel mit meiner Gastfamilie unterwegs. Einmal unternahmen wir einen wortwörtlichen Tagesausflug (Früh um 5 bis Abend  um 8) nach Srisailam. Dort gibt es einen eindrucksvollen Tempel und einen Staudamm am Fluss Krishna. Wir packten also einen 20 Liter Wasserbehälter ins Auto, sowie 2 große Büchsen Reis, eine Schüssel Kartoffelcurry (welches ich mir am Vortag gewünscht habe) und Pappteller und los ging der Spaß. Ein andermal fuhren wir zum Nemiligundla Rangaswamy (oder so ähnlich). Dort steht ein alter Tempel (für den Gott Rangaswamy) direkt an einem kleinen See mit Wasserfall. Die Umgebung ist herrlich und die Kinder konnten im Wasser spielen.
 

'Arbeitsalltag'


'Picknick' auf dem Weg nach Srisailam


Gruppenbild vor dem Damm





Wenn man das ungefähr so macht, sollte man in der Ferne wohl 3 Tempel sehen..


Mr. Krish mit Nithya Prakash


da steckte einfach mal die Straßenmarkierung im Reifen


überflutete Straße auf dem Weg zum Rangaswamy Nemiligundla


Der Wasserfall




'Sport'

4. September 2013

Das lang ersehnte Update!



Nun endlich kommt eine (hoffentlich) schon von euch erwartete Zusammenfassung meiner Aktivitäten der letzten Monate.

Vom 17. bis 19. Juli trafen sich alle deutschen AFS- Freiwilligen, 4 polnische Freiwillige, alle unsere FSL- Koordinatoren und 2 weitere FSL- Mitarbeiter nahe Pondicherry zur quarterly evaluation – ein Viertel unseres Abenteuers ist also schon rum. Wir haben an den 3 Tagen unsere Erfahrungen ausgetauscht, mal wieder neue Freiwillige kennen gelernt und uns endlich mal wieder alle zusammen getroffen (was ja vorher aufgrund der doch weiten Entfernungen nicht möglich war). 2 Teepausen pro Tag, das lockere Programm und die (etwas zu) ruhige Lage 20 km von Pondy entfernt haben diese quarterly evaluation zu einer sehr entspannten und erholsamen Veranstaltung gemacht.

Freitagnachmittag fuhren wir nach Pondicherry in ein kleines Gasthaus mitten im französischen Quartier, um uns das restliche Wochenende weltlichen (und westlichen) Genüssen hinzugeben (die französische Bäckerei ist ein MUSS!). Einen Nachmittag verbrachten wir am Paradise Beach, 10 km von Pondicherry entfernt. Der Strand ist vergleichsweise sauber und nicht überlaufen. Ein wahres Highlight in Pondicherry war Donnerstagabend, an dem meine Mitfreiwillige Jule mir die Haare geschnitten hat. Nach gut 7 Jahren sieht man das erste Mal meine Ohren wieder. Es wurde Zeit für Veränderung.

Paradise Beach bei Pondicherry
vor dem Haare schneiden...


.. und danach



Dienstag begab ich mich dann mal wieder auf eine Reise ins Ungewisse. Raj schlug vor, ich könne doch zu seinem Bruder – Christuraj Father (den ich zuvor schon getroffen hatte) nach Ongole in Andhra Pradesh fahren, der hätte auch Arbeit an einer Schule für mich und wäre sehr interessiert. Ongole wurde dann allerdings nur ein Zwischenstopp – von dort waren es weitere 150 km und 3 Stunden Autofahrt mit Christuraj’s Maruti Suzuki bis zum Endziel – Giddalur. Hier trafen wir einen seiner Freunde – Ravi. Der hat zusammen mit seiner Frau Nirmala eine kleine English Medium School mit etwa 200 Schülern, die St. Brijitha School. Sie erzählten, er stellte mich vor. Ich stellte mich vor und musste mich einigen Fragen stellen. Vor allem aber den Standardfragen: Wo kommst du her? Was machen deine Eltern? Was hast du für einen Schulabschluss? Und du machst das alles ohne Geld dafür zu bekommen?

Den nächsten Monat sollte ich also zusammen mit Ravi’s Familie in deren Haus wohnen. Seine Familie besteht aus ihm, Nirmala und deren Kindern Ammulu (8) und Nithya (5). Sie haben mich unglaublich liebe- und vor allem rücksichtsvoll in ihre Familie aufgenommen und behandeln mich wie ein drittes Kind. In der Schule unterrichte ich ab der 3. Klasse bis zur 9. Klasse Englisch (spoken English, wie sie hier wollen) und Mathe nur in der 4. und 6. Klasse, da deren Lehrer derzeit abwesend ist. In der UKG (upper kindergarten, für 5- jährige) hab ich mich auch mal versucht, aber das ist wirklich nichts für mich. Vormittags bin ich von um 9 bis 12:15 Uhr in der Schule, dann ist Mittagspause. 13:30 Uhr geht es dann weiter bis um 4. Der restliche Tag steht zur freien Verfügung. Das Essen ist unglaublich gut (hier wird sogar Rind serviert!) und alle sind super nett. Nur für meinen Geschmack ist Giddalur etwas zu abgelegen vom Rest der Welt.

 
in der Schule